Interview Heike Masuch

Name: Heike Masuch

Bei der HPA seit:  2010

Position:  HPA-Nautikerin

Heike Masuch wuchs in Bad Segeberg auf und kam über Umwege zur Schifffahrt. Sie hat erst Sport und Technik studiert und als Lehrerin gearbeitet, interessierte sich aber schon in dieser Zeit für Segeln, Schiffe und Werften. Nach mehreren Jahren Arbeit bei Greenpeace und auf verschiedenen Segelschiffen studierte sie schließlich Nautik und kam zu ihrem heutigen Beruf.
 

Heike Mausch

Interview:

Erinnern Sie sich noch, was Sie als Kind gerne einmal werden würden und was ist aus diesem Wunsch geworden?

Als Kind wollte ich eigentlich Landwirtin werden. Ich habe aber irgendwann eine Zeit lang bei einer Mitschülerin auf einem Bauernhof mitgeholfen und dann ganz schnell Abstand davon genommen. Es gibt nämlich keinen Urlaub, man muss sich jeden Tag um die Kühe morgens und abends kümmern. Ich fand das spannend und wunderschön, aber dann doch nicht das Richtige. Nach der Schule habe ich erst einmal den Schritt in die weite Welt gemacht und bin für ein Jahr als Au-Pair nach Frankreich gegangen. Ich fand das klasse, denn ich habe mir dort die französische Sprache und das Savoir-vivre angeeignet. 

Danach bin ich Lehrerin geworden und arbeitete 10 Jahre an einer tollen Schule in einem sozialen Brennpunkt mitten in Hamburg. Als ich aus verschiedenen Gründen immer unzufriedener in dem Job wurde, rückte das Thema Schiffe, Segeln, Werft, Reparieren usw. in den Vordergrund. Ich heuerte ich auf verschiedenen Segelschiffen an und war für Greenpeace tätig. Dann folgte mein Nautik-Studium in Bremen und schließlich ging ich für einige Jahre als Offizierin an Bord. 

Wie sind Sie zur HPA gekommen und was ist Ihre Funktion?

Ich hatte meine Diplomarbeit über Schlepper geschrieben und war darüber in Kontakt zur HPA gekommen. Irgendwann fand ich die Arbeit auf See schlecht mit dem sozialen Leben kompatibel und dann habe ich mich auf eine freie Stelle bei der HPA beworben. Da arbeitete ich zuerst in der Nautischen Zentrale und navigierte von dort die Schiffe sicher auf der Elbe. Heute sitze ich im HPA-Gebäude am Neuen Wandrahm in der Speicherstadt und hier bin zuständig für nautische Großveranstaltungen und Baumaßnahmen und für alles Spezielle, was so auf dem Wasser stattfindet.

Welche Aufgaben haben Sie als Nautikerin jeden Tag zu erledigen und was sind außergewöhnliche Herausforderungen?

Zum Tagesgeschäft gehört viel Organisatorisches und Behördliches. Ich erteile zum Beispiel schifffahrtspolizeiliche Genehmigungen, lege Verhaltensmaßnahmen und -regeln fest, stimme mich mit Lotsen ab, koordiniere. Der Aufwand ist je nach Thema sehr unterschiedlich. Alles, was auf dem Wasser oder im Wasser gebaut oder repariert wird, habe ich im Blick. Wenn dabei jemand nicht mehr wie gewöhnlich fahren kann, komme ich ins Spiel. Dann gibt es Ansagen zum Abstand, zu Sperrungen, zum Anhalten oder langsamer fahren etc. und alle müssen sich daran halten. Bei der Planung von größeren Events wie zum Beispiel einer Schiffstaufe muss ich gucken, was im Zusammenspiel mit den anderen Playern auf dem Wasser möglich ist. 

Daneben gibt es natürlich auch außergewöhnliche und unvorhergesehene Ereignisse. Das können Unfälle sein oder sofort zu reparierende Dinge. Wenn zum Beispiel eine Kaimauer einzustürzen droht, muss ich überlegen, was das für den Verkehr und das Verhalten der Fahrzeugführer auf dem Wasser bedeutet. Dabei tausche ich mich natürlich mit den Hafenlotsen aus und halte mich an das Hafenverkehrs- und Schifffahrtsrecht sowie an eine Reihe weiterer Gesetze, etwa die Hafenverkehrsverordnung oder die Lotsordnung. Ich habe aber natürlich immer einen gewissen Ermessensspielraum bei meinen Entscheidungen. Normalerweise arbeite ich im Büro, aber ich bin auch häufig auf Einsatzbarkassen unterwegs, wenn ich Dinge begutachten muss, die auf dem Wasser passieren.

Sie spielen eine zentrale Rolle beim Hamburger Hafengeburtstag. Was machen Sie als Paradenleiterin genau?

Zuerst einmal muss ich natürlich die Parade genau planen. Dazu werfe ich zunächst einen Blick auf die von meinen Kollegen verteilten Liegeplätze und gucke, welches Schiff wo im Hafen liegt. Dann gibt es die Fahrzeuge, die zum Beispiel in Övelgönne oder im Sandtorhafen unterwegs sind. Die melden sich zur Teilnahme an und ich bringe sie dann in eine Reihenfolge: Wer darf zuerst fahren, wer muss wohin fahren und wer kommt wo an wem vorbei. Dabei bedingen die Liegeplätze oft die Position in der Parade. Die Teilnehmer bekommen dann vorab schriftliche Unterlagen mit genauen Segelanweisungen, wer wann dran ist, wie schnell sie fahren sollen und wo sie drehen müssen etc. 

Dann kommt der große Tag der Durchführung und da bin ich natürlich selbst auf dem Wasser, zusammen mit dem Wasserschutz und der Feuerwehr. Dabei kann man mich permanent über Funk erreichen. Kanal 10 ist der Paradenkanal, darüber läuft die gesamte Kommunikation. Wir funken uns gegenseitig an und ich gebe zum Beispiel Kommandos, wenn jemand schneller oder langsamer fahren soll. Bei der Einlaufparade stellen sich alle auf und das Führungsfahrzeug fährt vorneweg vom Bubendeyer Ufer in Finkenwerder bis zur Rickmer Rickmers. Dann gibt es die drei Böllerschüsse und die offizielle Eröffnung durch den Bürgermeister und anschließend startet das Wasserprogramm vor den Landungsbrücken. Ich bin die gesamten drei Tage über auf dem Wasser unterwegs. Vor dem Feuerwerk am Samstag spreche ich nochmal mit dem Schiffsführer der AIDA Perla. Und ich besuche auch gerne die teilnehmenden Schiffe und frage die Besucher, die zum ersten Mal am Hafengeburtstag teilnehmen, wie die Parade war, oder bespreche eine besondere Wettersituation.

Was kann dabei alles schiefgehen und ist schon einmal eine größere Panne passiert?

Das Schlimmste wäre natürlich eine blöde Havarie, bei der Menschen etwas zustößt. Das könnte den Schiffsführern passieren, ist aber zum Glück noch nicht vorgekommen. Eine Schwierigkeit besteht allerdings darin, dass das Wetter nicht planbar ist. Das ist wirklich ein großer Unsicherheitsfaktor. Im letzten Jahr war ziemlich viel Wind und ein Gewitter vorhergesagt, sodass wir die Parade mit größeren Abständen zwischen den Schiffen geplant hatten und die Schiffe bei der Parade in verschiedene Hafenbecken leiten wollten. Das Unwetter kam dann aber gar nicht. Bislang gab es zum Glück nur kleinere Schiffshavarien mit wenig Schäden. Vor zwei Jahren konnte allerdings die Auslaufparade wegen schlechten Wetters nur reduziert stattfinden. Aber eine richtig große Panne? Gab es eigentlich nicht.

Sieht die Parade eigentlich jedes Jahr ungefähr gleich aus oder denken Sie sich immer etwas Neues aus?

Also, wir haben dieses Jahr die gleichen Großsegler wie im letzten Jahr, die Sedov, die Mir und die Kruzensthern, aber im Jahr davor hatten wir andere. Es nehmen aber andere Militärschiffe teil, das wechselt immer ein bisschen. Sonst könnte ich ja auch immer alles gleich ablaufen lassen und mir die ganze Arbeit sparen. Und ich weiß vorher nie, welche Schiffe sich für das nächste Jahr neu anmelden. Insofern sehen alle Paraden unterschiedlich aus.

Wie viel Zeit brauchen Sie ungefähr für die Vorbereitung des Hafengeburtstags?

Eigentlich brauchen wir das ganze Jahr, nach dem Hafengeburtstag ist vor dem Hafengeburtstag. Meist melden sich direkt nach dem Ende schon wieder die ersten Teilnehmer für das nächste Jahr an, interessanterweise. Es ist ja auch nicht nur die Ein- und Auslaufparade zu planen, da gibt es noch ganz viele andere Sachen, die wir in den Arbeitsgruppen für den Hafengeburtstag festlegen. Viel Aufwand betreiben wir auch für Gefährdungsbeurteilungen. Das Thema Sicherheit an Land und auf dem Wasser hat natürlich in letzter Zeit immer mehr an Bedeutung gewonnen, gerade bei so einer Großveranstaltung. Das ist gut und wichtig, macht aber eben auch viel Arbeit.

Was ist für Sie das Schönste an Ihrem Job?

Generell mag ich an meinem Job die Überraschungsmomente! Es gibt zwar Routineaufgaben, aber es ist trotzdem ein abwechslungsreicher Job, weil immer alles ein bisschen anders anzugucken ist. Und ich mag es, dabei so viele Menschen zu treffen. Ich finde es total spannend, die Schiffe und die Schiffsführer kennenzulernen mit ihren unterschiedlichen Befindlichkeiten und Erfahrungen. Und mich faszinieren die außergewöhnlichen Fahrzeuge, die einen besonderen Antrieb, ein spezielles Anliegen oder ein auffälliges Aussehen haben. Beim Hafengeburtstag freue ich mich dieses Jahr vor allem auf die Energy Observer, das ist ein Katamaran, der mit einer Brennstoffzelle betrieben wird und auf seiner weltweiten Tour bei uns vorbeikommt. Vor zwei Jahren war ein Fahrzeug von Sea Shepard dabei, einer Organisation, die sich für die Rettung der Meere einsetzt. Das fand ich auch spanend, dass die hier teilgenommen und ganz viel Öffentlichkeitsarbeit gemacht haben. 

Wie gehen Sie mit Stresssituationen um?

In dem Moment eigentlich nur ein- und ausatmen und ansonsten viel Bewegung! Um Sachen wieder loszuwerden, gehe ich gerne rudern und klettern. Das ist mein Ausgleich.

Sie sind auch für die Taufen der Kreuzfahrtschiffe zuständig. Bekommen Sie bei Ihrem Job auch mal Fernweh und wenn ja, wo zieht es Sie hin?

Ich verreise sogar extrem gerne! In den letzten Jahren zieht es mich vor allem in die Berge. Da kann ich von Hütte zu Hütte wandern und klettern. Am liebsten in Italien, Frankreich, Österreich oder auf Mallorca. 

Hört eigentlich zuhause auch alles auf Ihr Kommando?

Es hören selbstverständlich alle auf mein Kommando (lacht). Was ist denn das für eine Frage? Nein, natürlich nicht, und das wäre ja auch furchtbar.

Was machen Sie am liebsten nach Feierabend?

Ich esse und koche total gerne, treffe mich mit Freunden und Familie und liebe es, die zu bekochen. Außerdem bin ich gerne draußen, ich gehe gerne in den Garten und ich liebe Blumen. Ich freue mich über die ersten Schneeglöckchen, das war wieder toll dieses Jahr.

Welcher Ort im Hafen fasziniert Sie am meisten?

Ich bin eigentlich überall im Hafen gerne auf dem Wasser, der Ort ist fast egal. Dabei verändert sich so wunderschön der Blick, weil man sich ja fortbewegt. Und ich gucke gerne von oben herunter. Zum Beispiel finde nach wie vor die Köhlbrandbrücke faszinierend, also über die Köhlbrandbrücke zu fahren ist einfach grandios. Und ich mag die Blicke, die die Elbphilharmonie uns hier im Hafen schenkt. Die im Morgen- oder Abendlicht glitzern zu sehen, das hat wirklich was, auch von verschiedenen Seiten.

Vielen Dank für das Interview.


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